Wer von mir auf diesem Blog schon einiges gelesen hat, könnte den Eindruck haben, als ob ich mich vor allem gerne in den südlichen Landesteilen Großbritanniens aufhalte. Und das tue ich gerne und mit wachsender Begeisterung. Trotzdem gibt es auch eine andere Seite von mir und die liegt im Nordens Großbritanniens – um genauer zu sein in Nordwales. Eine meiner großen Leidenschaften ist das Bergwandern. Ja, ich liebe die deutschen Alpen, die Dolomiten und ich liebe die Schweiz bis zum Abwinken. Aber mein Wanderherz habe ich an die vielen Regionen Großbritanniens verloren, darunter die Black Mountains, den Peak District, den Lake District und natürlich den Nationalpark Snowdonia in Nordwales. Und von dem will ich euch heute erzählen.
Snowdonia – sagenumwobener Nationalpark in Nordwales
Snowdonia, das ist ein Nationalpark in Nordwales mit einer Größe von 2170 km². Wilde Landschaften, schroffe Klippen, hunderte von Gipfeln und Seen, liebevolle Ortschaften mittendrin und natürlich der Küstenabschnitt sind sehenswert wie kaum etwas Anderes in Großbritannien. Und mittendrin steht der Snowdon, der im walisischen Yr Wyddfa heißt, zu Deutsch Grabeshügel. Um ihn ranken sich jede Menge an Legenden und Mythen. Eine Legende besagt, dass der Riese Rhita Gawr unter dem Gipfel begraben sein soll. Seine Robe soll aus den Bärten von Königen bestanden haben, die er umbrachte. Und irgendwie passt die Geschichte von Rhita Gawr zu dem Bergmassiv, das sich majestätisch gegenüber dem Meer abhebt. Mit einer Höhe von 1085 Metern ist er der beliebteste Berg im Nationalpark, tausende von Touristen besuchen ihn jedes Jahr. Die Einen auf leichteren, die Anderen auf steinigeren Wegen. ITV hat vor drei Jahren eine großartige Filmreihe zum Snowdon gemacht, die ich euch ans Herz legen will. Schau mal rein!
Snowdon – ein walisischer Berg wie im Hochgebirge
Wer nun die Alpen vor Augen hat mit ihren hohen Gipfeln, mag über 1085 Meter nur schmunzeln. Aber weit gefehlt. Denn der Berg muss über 1000 Höhenmeter bestiegen werden. Und sein raues Klima und die exponierte Lage direkt am Atlantik machen ihn zu einem Berg, der durchaus mit einem 3.000er vergleichbar ist und echtes Hochgebirgswandern darstellt. Kommt es zu einer Schlechtwetterfront vom Atlantik, ist man am Snowdon voll drin. Kein Wunder, dass Edmund Hillary genau hier für die Besteigung des Mount Everest 1953 trainierte.
Die verschiedenen Kämme des Snowdon, die vor 500 Millionen Jahren entstanden sind, sind ganz unterschiedlicher Natur. Nach Norden und Osten ist der Berg sehr steil und felsig. Nach Süden hin wird er grüner, sanfter, aber bleibt immer noch sehr wild. Charakteristisch für das Massiv ist der berühmte „Horseshoe“. Es beschreibt das Bergmassiv, das sich nach Osten hin zu einem Halbkreis öffnet und wie ein Hufeisen aussieht. Darin befinden sich verschiedene, wunderschöne Bergseen. Neben dem Gipfel selbst gehören weitere Gipfel wie der l Y Lliwedd, Garnedd Ugain und der berüchtigte Crib Goch dazu.
Viele Wege führen auf den Snowdon
Der nordwalisische Riese Snowdon ist bei Touristen besonders beliebt. Und so führen viele Wege hoch auf den Gipfel. Wer aber nun denkt, der Berg verspreche aufgrund seiner Höhe eine leichte Wanderung, der irrt gewaltig. Für alle Wege hinauf braucht man mindestens drei Stunden Gehzeit pro Strecke. Und die sind durch den steinigen Aufstieg mehr als anspruchsvoll.
Man sollte seine Tour im Vorfeld sehr genau planen – wetterfeste Kleidung, Wanderschuhe, Karten, ausreichend Getränke und Lebensmittel, Ersatzkleidung, erste Hilfe-Pakete und ein Kompass für den Tag sind Pflicht. Und zwar auch im Sommer. Denn das Wetter ist unberechenbar und kann schnell von strahlendem Sonnenschein umschlagen zu heftigen Winden, Regen oder Schnee und Hagel. Dass die Wanderung häufig in Teilen im Nebel oder im Dauerregen stattfindet, ist zum Beispiel völlig normal. Und spätestens, wenn das Wetter umschlägt und man sich nur noch an den dort bekannten Steinhügeln orientieren kann, sind die sagenumwobenen Drachen nicht mehr weit weg. Wir sind den Berg einige Male bestiegen, nur einmal davon gab es strahlenden Sonnenstein. Ein wichtiger Unterschied zu den Alpen. Auf dem Gipfel findet ihr zwar die Ankunft der Dampflokomotive, die sich von Llanberris hinaus hochschlängelt, aber hier findet ihr keine Refreshments oder ähnliches. Wichtige Hinweise, die ihr beachten solltet:
Sicherheitshinweise des Snowdonia National Park
Was, wenn ich gerettet werden muss?
Wandern auf dem Snowdon: 6 unterschiedliche Wege
Hoch auf en Gipfel führen euch also ganz unterschiedliche Wege. Die beliebtesten habe ich euch hier zusammengefasst.
Llanberis Path – 16 km
Die Wanderung beginnt in Llanberis, einem relativ großen Ort im Nationalpark, wo sich auch der Parkplatz der Snowdon Railway befindet (kostenpflichtig). Die im Sommer lange, aber recht einfache Strecke schlängelt sich über 8 km entlang der Bahngleise den Berg hinauf. Falls du es im Vorfeld planst, kann du den Trip so organisieren, dass ihr eine Strecke wanderst und die zweite Strecke mit der Bahn fahrt. Die Fahrkarte solltest du aber unbedingt im Vorfeld buchen, da es im Sommer sehr voll sein kann. Eine Fahrt für einen Erwachsenen kostet übrigens 22 Pfund, Hin- und Zurück 29 Pfund. Kinder sind etwas günstiger.
Wanderzeit (pro Strecke!): 3-4 Stunden
Miners’ Track – 12 km
Ausgangspunkt ist der Pen y Pass Parkplatz. Der Weg startet relativ flach und führt durch die Innenseite des Massiv an den zwei Bergseen mit mehreren Ruinen alter Minenhäuser entlang und später über den steilen Aufstieg zum Llyn Llydaw Richtung Gipfel. Tipp: Der Parkplatz ist manchmal sehr voll. Du kannst das Auto in Llanberis parken und dich von einem Bus zum Pen y Pass Parkplatz bringen lassen. Besser wäre noch, ausreichend früh zu starten. Diesen Weg sind wir übrigens zur Hälfte mit unseren jüngeren Kindern gelaufen, haben am zweiten Bergsee pausiert, bevor wir umgedreht sind.
Wanderzeit (pro Strecke!): 2-3 Stunden
Pyg Track – 11 Kilometer
Der Weg beginnt ebenfalls am Pen y Pass Parkplatz bei der Jugendherberge und gilt als kurzer, aber im oberen Drittel schwerer Aufstieg auf der Innenseite des Horseshoe. Er führt unterhalb des Kamms Crib Goch entlang, einer der schwersten Scramble-Walks, die man sich vorstellen kann, da der Kamm zu beiden Seiten steil in die Tiefe fällt. Vom Pyg Track aus kann man bei klarer Sicht gut die Wanderer sehen, die sich an Grib Goch versuchen. Der Pyg Track ist gut ausgeschildert. Allerdings teilet sich der Weg irgendwann und geht rechterhand auf Crib Goch zu. Bleibt in jedem Fall auf der linken Spur!
Wanderzeit (pro Strecke!): 2-3 Stunden
Rhyd- Ddu Path (12 km)
Er beginnt am Rhyd- Ddu Path und ist ein Wanderweg, der gerade im letzten Teil über einen kleineren Kamm verläuft. Der ist zwar nicht so steil wie Crib Goch, doch hat einige Phasen, die nur für geübte Wanderer sind.
Wanderzeit: 2-3 Stunden
Snowdon Ranger (13 km)
Die Snowdon Ranger Route ist die älteste aller Routen, die auf den Berg führt und startet in Llyn Cwellyn auf flacherem Gelände. Hier werdet ihr sicher auf viel Einsamkeit treffen, denn hier ist nicht so viel los, sieht man mal von Mountainbikern ab. Auch dieser Weg wird im oberen Teil natürlich steil.
Wanderzeit: 3-4 Stunden
Watkin Path – 12,8 km
Der Watkin Path beginnt am Pont-Bethania-Parkplatz nahe Nant Gwynant (A 498) und ist der längste und am meisten anstrengende Weg auf den Gipfel. Denn auf ihm muss man die meisten Höhenunterschiede überwinden. Landschaftlich soll es der schönste Weg sein, denn man wandert zuerst durch Wiesen und an Wasserfällen vorbei, bevor sich der Weg in die Höhe schraubt. Wir sind diesen Weg zweimal gewandert und ich muss zugeben, dass er wunderschön ist, aber man irgendwann an seine Grenzen kommt. Der letzte Anstieg ist sehr steil und man muss aufpassen, dass man nicht vom Weg abkommt. Gerät man zu weit auf die rechte Seite des Berges, wird es unangenehm gefährlich und hier sind schon viele Wanderer zu Unfällen gekommen. Und einmal oben angekommen, muss man die Strecke natürlich wieder zurück…
Wanderzeit: 3-4 Stunden
Crib Goch
Solltet ihr bergerfahren sein und keine Höhenangst haben, ist Crib Goch vermutlich der intensivste Anstieg auf den Gipfel. Er ist einer der besten Klettersteige in Großbritannien und ja, er ist schwer. Er gilt als Scramble Walk Grad 1: Das heißt, dass erfahrene Kletterer kein Seil benötigen. Allerdings wird Crib Goch so beschrieben, als wenn man über das Dachfirst eines Sattelfaches läuft – und das im bergigen Gebiet mit wechselndem Wetter und hunderten von Metern, die beidseitig in die Tiefe gehen. Ich selbst bin Crib Goch nicht gelaufen, obwohl ich vermutlich erfahren genug bin. Aber meine Höhenangst hat mich davon abgehalten und ich wollte ich in keine Gefahr begeben. Denn es gibt durchaus viele Geschichten von Wanderern, die einfach aufgrund ihrer Angst dort oben wie festgefroren waren und andere Wanderer beim Weitergehen behindert haben. Denn einfach mal vorbeilassen, geht hier nicht.
Wenn ihr es machen wollt: Nur bei gutem Wetter und am besten mit einem Tourguide. Wie es ist, über Crib Goch zu laufen, sehr ihr im angehängten Film. Danach entscheidet ihr am besten selbst.
Fazit
Wandern auf de Snowdon ist ein einzigartiges Erlebnis Die wilde Natur ist zu jeder Jahreszeit ein Event. Mein Tipp: Hinterfragt euch ehrlich, wie fit ihr seid und richtet eure Tour danach aus. Und bei Schlechtwetter ist der Berg nicht zum Wandern geeignet. Eine tolle Zusammenfassung der verschiedenen Route findet ihr hier auf der Seite von „Walks up Snowdon“.
Infos für die weitere Planung:
http://www.visitsnowdonia.info/
http://www.snowdonia-attractions.com/
Wow, der Bericht kommt gerade richtig! Vielen Dank dafür! Wir reisen im Sommer nach England und diese Gegend steht auch auf der Reiseroute! 🙂 Wir lieben es zu wandern und ich werde mich jetzt mal mit den verschiedenen Routen auseinandersetzen. Wir haben auf unseren Wanderungen immer unseren Hund Boerne dabei und da müssen wir die Touren besonders gut planen. Klettern können wir mit ihm nicht und die Wege müssen ausreichend breit sein, so dass wir ihn gut sichern können. Aber es scheint so, als wäre die ein oder andere Route für uns geeignet. Ich bin schon sehr gespannt auf die Gegend!
Liebe Grüße
Steffi